Ich wollte meine Familie nicht verlassen, aber musste das machen wegen meiner Gesundheit. Meine Oma wollte, dass ich beschnitten werde. Ich war damals 6 Jahre alt und mein Vater war gestorben. Meine Mutter war bei uns zu Hause.
Eines Tages wollte meine Mutter meine Tante besuchen, die in Äthiopien lebt. Sie hat mich und meine Oma allein zu Hause gelassen und meine Oma wollte diese Chance nutzen, um mich beschneiden zu lassen. Ich konnte nichts sagen oder entscheiden. Ich war 6 Jahre alt und wenn Oma etwas sagte, musste die ganze Familie es akzeptieren. Oma hat ihre Entscheidung verfolgt und mich beschneiden lassen. Ohne Betäubung. Ich habe nur geweint und viel geblutet. Ich hatte die ganze Zeit Schmerzen und habe immerzu geweint. Keine Schmerzmittel. Ich konnte nicht schlafen und ich hatte in der Nacht Angst, dass jemand kommt und das noch mal mit mir macht. Ich habe 7 Tage nur Wasser getrunken. Dann kam meine Mutter und hat gesehen, was passiert ist. Sie hat mit meiner Oma diskutiert. Sie wollte nicht, dass so ich beschnitten war, wie meine Oma das gemacht hat. Sie war als meine Mutter voll gegen das Beschneiden. Und das hat mich beruhigt. Und das hat mir Hoffnung gegeben, dass ich nicht noch mal Schmerzen kriege.
Aber ich hatte wieder Schmerzen, weil ich beim Spielen hingefallen bin und die Stelle nicht geheilt war. Sie ist wieder aufgegangen und ich musste noch mal genäht werden. Meine Mutter war wieder dagegen. Auch ich wollte das nicht nochmal. Ich wollte nicht noch mal diese Schmerzen erleben. Mama hat zu mir gesagt: „Du musst dieses Haus verlassen.“ Weil meine Oma wollte unbedingt, dass ich noch einmal beschnitten werde. Meine Mutter hat mir vorgeschlagen, dass ich zu meiner Tante nach Äthiopien gehe. Da habe ich direkt „ja“ gesagt und alles so schnell vorbereitet, dass ich zu meiner Tante gehe und keine Schmerzen mehr habe.
Meine Tante hat mir geholfen, bis ich in Deutschland war. Sie hat mir geholfen, damit ich nicht zu meiner Oma zurückmuss und noch mal erlebe, was damals passiert ist. Dafür bin ich meiner Tante sehr dankbar. Sie hat was Nettes getan.
Ich bin jetzt in Deutschland ich denke immer noch an die Schmerzen, die ich als Kind in Somalia hatte. Ich spüre zwar keine Schmerzen mehr, aber im Kopf bleibt die Erinnerung. Ich habe jetzt eine Tochter und will ihr niemals antun, was meine Oma mir angetan hat. Ich bin eine gläubige Muslimin, aber im Koran steht nicht, dass wir Frauen Sünde in uns tragen und beschnitten werden müssen. Es ist einfach eine alte Kultur und für mich ist es eine Katastrophe. Wenn man menschlich ist, dann macht man das nicht.
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