Ich bin eine junge afghanische Frau und bin 25 Jahre alt. Meine Großeltern und auch meine Eltern kommen aus Afghanistan. Meine Eltern aber sind in den Iran geflüchtet, als sie sehr jung waren. Meine Mutter hat mir erzählt, wie sie in Afghanistan gelebt haben. Jetzt weiß ich, dass Afghanistan ein schönes Land ist mit gutem Wetter, vier Jahreszeiten und grünen Bergen und Tälern. Es gibt im ganzen Jahr viele Veranstaltungen. Die Frauen ziehen bunte Kleidung an und die Kinder sind glücklich.
Aber schade: mein Land hat keine Ruhe. Ausländische Kräfte sind immer noch in Afghanistan, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Was deshalb passiert, ist: Bildung für die Frauen ist verboten, Freiheit, Musik und viele Themen sind auch verboten. Die neuen Gesetze bringen Armut, Unsicherheit und dann fliehen die Menschen. Meine Eltern sind deswegen geflüchtet. Meine Geschwister und ich sind im Iran aufgewachsen. Mit 25 Jahren sage ich, dass der Iran nicht mein Land ist, obwohl ich da aufgewachsen bin. Ich denke aber, dass ich auch nicht Afghanin bin, weil Afghanen mich nicht als Afghanin akzeptieren. Und im Iran wurde ich auch nicht akzeptiert, weil ich eine Afghanin bin. Wer also bin ich??? Eigentlich bin ich eine Iranerin oder eine Afghanin, also jemand mit zwei Nationen, aber leider ist dieses Wort im Iran und in Afghanistan nicht sehr bekannt. Meine Eltern leben seit über 40 Jahren im Iran. Das war aber schwierig. Ich wollte dort nicht leben, weil mein Schicksal im Iran unsicher war. Im Iran bin ich in die Schule gegangen. Zu Hause haben wir iranisch gesprochen. Ich bin mit einer iranischen Kultur aufgewachsen. Afghanistan war nur ein Traumbild für mich.
Ich bin 2015 in Deutschland angekommen. Die Flucht war ehrlich gesagt gefährlich. Ich habe ein paar Länder gesehen, meine schlimmsten Erinnerungen waren die vom Meer. Über 30 oder 40 Personen in einem kleinen Schlauchboot ohne Sicherheit. Darüber kann ich nicht mehr reden. Zum Glück lebe ich noch. Jetzt bin ich in Deutschland, aber ich musste mich wieder für ein neues Leben öffnen. Ein neues Leben ohne meine Familie. Mein Vater hat Krebs bekommen, als mein Bruder, seine Familie und ich gerade nach Deutschland geflüchtet sind. Seine Krankheit ist schlimmer geworden, je länger wir unterwegs waren, weil er viel Angst um uns hatte. Nach einem Monat ist er gestorben und ich habe eine Depression bekommen.
Ich war allein ohne meinen Bruder in der Erstaufnahme für Jugendliche in Hamburg. Eine neue Sprache, unbekannte Menschen, Depression und viel zu viele Gedanken haben mich jederzeit gestört. Zum Glück hat sich alles sehr schnell zum Positiven verändert: eine WG mit anderen jungen Frauen, eine Schule, neue Freunde.
Seit fast 8 Jahren bin ich jetzt in Deutschland. Nach der 10. Klasse habe ich sofort meine Ausbildung im Screen Design angefangen und erfolgreich beendet. Ich habe jetzt 2 Kinder. Mein zweites Kind ist noch nicht geboren, aber ich habe jetzt schon einen Plan für meine Zukunft. Wenn mein Sohn ein bisschen aufgewachsen ist, möchte ich eine Arbeit anfangen. Es ist sehr schön, dass ich hier in Deutschland meine Ziele sehr schnell erreichen kann. Ich bin sehr dankbar dafür, weil ich jetzt einen sicheren Lebensplan habe. Ich denke aber: jedes neue Leben hat seine Vor- und Nachteile. Ich fühle mich immer noch allein, obwohl ich hier in Deutschland meine eigene Familie und viele Freunde habe. Aber mein Herz und mein Inneres ist nicht ganz zufrieden. Ich vermisse meine Familie im Iran.
Ich wünschte, es gäbe nirgendwo auf der Welt Krieg oder Unsicherheit…
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